Dieses Lied wollte ich schon seit Jahren schreiben - tatsächlich war ich schon so weit gegangen, es im Geiste zum Titeltrack meines zweiten Soloalbums zu machen. Da ich noch nicht mal mein erstes Soloalbum aufgenommen habe, hätte ich noch eine Menge Zeit gehabt, und ich habe mir auch lange nicht zugetraut, so ein heikles Lied zu schreiben. Aber nachdem ich zur DFDF »Firefly« geschrieben habe, fühle ich mich endlich soweit, dass ich mich nicht mehr verstecken muss und auch Themen anfassen kann, die persönlich und kontrovers und schmerzhaft sein können. »My Paper Gown« ist alles davon, aber ich muss gleich vorweg sagen, dass es nicht von mir handelt und seine Geschichte nichts mit meiner eigenen zu tun hat. Statt dessen stammt diese Idee aus der
Crime Library, einer Bibliothek mit historischen Kriminalfällen, aus der Geschichte von Susan Smith, die ihre Töchter getötet hat. Ich hatte im Kopf, dass dieser Fall aus den Sechzigern stammen würde, aber tatsächlich hat er sich erst 1994 ereignet.
Susan Smith wollte sich umbringen, und weil sie auch für ihre Söhne keine Perspektive mehr sah und sie auch nicht allein zurücklassen wollte, versuchte sie, einen sogenannten »erweiterten Selbstmord« (ist das nicht ein grässlicher Begriff?) zu begehen. Tatsächlich tötete sie aber nur die Kinder, während sie selbst sich in letzter Sekunde aus dem versinkenden Auto befreite. Ihre Schuldfähigkeit ist sicher fragwürdig, und ihr Anwalt plädierte auf Unzurechnungsfähigkeit, nicht umbedingt im akuten Interesse seiner Mandantin. Während der Staatsanwalt die Todesstrafe forderte, wurde die stark selbstmordgefährdete junge Frau in der Untersuchungshaft mit allen Mitteln davon abgehalten, sich selbst das Leben zu nehmen, was mir schon beim ersten Lesen zynisch erschien. Aber es war der folgende Satz, der sich mir eingebrannt hat:
Because she was on a suicide watch, Susan wore a paper gown.